Archive für 25.1.2009

Jackpot

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25 Mio. € sind am heutigen samstag, den 24. januar 2009, drin. ich gestehe, dass ich kurz überlegt habe, ob ich das geld funktionierenden muskeln vorziehen würde. aber wirklich nur kurz! aufgefallen ist mir eine gemeinsamkeit von lottospielern und sterbenskranken: trotz einer kaum vorhandenen chance auf gewinn/heilung versuchen sie es immer wieder…

vielleicht erklärt das ja, warum ich mir noch jeden morgen die mühe mache, aufzustehen. ich war vor genau einem monat das letzte mal “zuhause” und bin heute genau 2 monate hier im hospiz (”Und täglich grüßt das Murmeltier…”). besuche haben sich eingependelt: unverhofft kommt oft - und die erwarteten bleiben aus. nach wie vor nichts zu sehen von meiner “Neufamilie” an den wochenenden. aber wundern und weiter machen sind im augenblick meine einzigen optionen. who cares? ich, Partono “Ghandi” Sudarbo, äußere hiermit tiefstes und vollstes verständnis dafür. :-(
man muss eben prioritäten setzen im leben…

apropos prioritäten setzen - mir gehen die setzsteine aus; ich will weder hier im hospiz rekorde aufstellen noch in irgendeinem medizin-guiness buch als längster als-überlebender erwähnt werden, weil das nämlich ein dahinvegetieren in einem körper ohne eigene motorik bedeuten würde. und so toll ist kopfkino auf dauer nicht - leben heißt für mich auch zwingend “erleben”. am leben schnuppern durfte ich dann mal wieder am heutigen sonntag - Manuel und Dennis sei’s gedankt. ich bin sogar über meinen schatten gesprungen und habe mich in einen rollstuhl gesetzt - aber es hat sich gelohnt. allein der latte macchiato im miners war es wert (die hüttengaudi lasse ich mal unerwähnt).

natürlich muss jeder für sich entscheiden, ob er leben so definiert wie ich. 2 prominente als-betroffene, die sich ganz anders entschieden haben, sind sandra schadek und stephen hawkins.

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sandras diagnose ist aus 1999, stephens über 30 jahre alt. aber wenn ich mich für ein abwarten und ausharren hier im hospiz entscheiden würde, könnte ich beide locker schlagen, weil die rahmenbedingungen hier dafür optimal sind (von nervenden wellensittichen, lauten gewerbegeschirrspülmaschinen und lärmenden, von übereifer beseeltem personal in der küche mal abgesehen).

hier versehen menschen ihren dienst, wie sie mir so im (Arbeits-)leben noch nicht begegnet sind. einer meiner lieblingssprüche war immer:

wenn du willst, dass etwas erledigt wird, dann …
- tu es selbst
- bezahle jemanden dafür
- oder verbiete es deinen kindern

die menschen hier besitzen noch eine große reihe anderer beweggründe humanistischer, christlicher, sozialer und idealistischer natur. faszinierend… und dann treffen diese guten menschen hier auf - MICH! ich verlange freiraum, selbstbestimmung und eher professionelle distanz denn christliche nähe - und auf der anderen seite bin ich auf die hilfe angewiesen. stelle ich mir für das personal ähnlich schwierig vor wie für den secret service obama zu beschützen, wenn der ein bad in der menge nimmt. ich habe mir hier meine freiräume geschaffen und sie werden auch beachtet.

an dieser stelle ein “Entschuldigung” an alle, denen ich dabei auf die zehen getreten habe und nochmals ein ausdrückliches “Dankeschön” an alle für die - nicht selbstverständliche - art und qualität ihrer arbeit.

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